Donnerstag, 9. Januar 2014

Der Brief

Seit dem Konzert ist Evelyne wie verwandelt. Sie spricht von fast nichts anderem mehr, Suzette scheint ihr einziges Thema. Und wenn sie schweigt, träumt sie vor sich hin. Sie sitzt am Fenster und seufzt. Ja, wo die Liebe hinfällt, wächst kein Gras mehr.
Heute kam ein Brief aus Paris, abgesandt von einer Suzanne Délice d'Argental. Adressiert an Evelyne. Sie riß den Brief sofort auf und las ihn atemlos durch. Am Ende brach sie in Tränen aus. Was war nur passiert? Was stand in diesem Brief?
Sie reichte ihn mir und sah mich flehentlich an. Das ist er:

Paris, 6. Januar 2014

Ma chère Evelyne,

ich bin nun zurück in meiner Wohnung. Doch mein Zuhause ist nicht mehr, was es einmal war. Es ist öde und leer geworden. Erst jetzt ist mir aufgefallen, dass hier etwas fehlt.
Nein, nicht etwas.
Jemand.
Du.
Dieser eine Abend, dieses eine Konzert haben alles verändert. Du hast alles verändert. Alles ist in ein neues Licht getaucht, wenn wir zusammen sind, doch ohne Dich ist alles trist und grau. Paris ist nicht mehr Paris, wenn Du so weit von mir entfernt bist. Meine Musik ist nicht mehr meine Musik, ohne Deine Gegenwart.
Du fehlst mir, in jeder Minute, in jeder Sekunde, in jedem Augenblick. Ich möchte bei Dir sein, Dir nahe sein, Dich umarmen können, wann immer ich Deine Wärme spüren möchte. Ma Gentille.
Geht es Dir ebenso? Ich hoffe so sehr darauf. Sag nur ein Wort und ich bin morgen schon bei Dir.
Je t'aime,

ta
Suzette

Ja, liebe Suzette, es geht Evelyne ebenso. Und ja, liebe Evelyne, wir haben noch einen Platz in der WG frei für sie. Denn dass Du nach Paris ziehst, oh nein. Meine Evelyne in einer fremden Stadt? Und dann noch in Paris! Wie könnte ich mich denn dieser Liebe entgegenstellen?
Suzette aka Suzanne Délice d'Argental, pack Deine Siebensachen, bestell die Möbelpacker und zieh nach Kiel. Du wirst hier sehnlichst erwartet.

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